Tanner trifft die Jobpoint(basic)Beraterin Mareike Garbe: Hilfe kann nur dann funktionieren, wenn sich jemand auch tatsächlich helfen lassen will.

Oft hört man, in der Schlange am Getränkeauslauf beim Discounter des Herzens, Sätze wie: „Die sollten sich mal kümmern!“ oder „Aber da gibt’s ja nüschd, wo man Hilfe bekommt!“. Dass dies zutiefst unwahr ist, ganz besonders in Leipzig, braucht zur Erkenntnis auch einen ganz kleinen Schritt der Selbstüberwindung, nämlich den heraus aus der privaten vielgeliebten Meckerecke. Wenn man sich dann an frischer Luft befindet und umschaut, trifft man zum Beispiel auf die Besatzung vom Jobpoint (basic): auf Mareike Garbe und Christel Martiny, die helfen wollen und helfen können. Wenns um Arbeit geht, wenns um das persönliche Weiterkommen geht – und wenn manchmal der Wald vor Bäumen nicht mehr sichtbar ist. Tanner traf Mareike Garbe und fragte etwas an ihr herum:

Guten Tag, Mareike Garbe. Ich sitze hier mit Dir zusammen beim Käffchen in der Karl-Heine Straße 54. Du bist der Jobpoint (basic). Was machst Du denn hier ganz konkret?

Der Jobpoint bin ich ja nicht nur alleine, Volly. Da habe ich im Moment eine sehr sehr engagierte Kollegin mit im Boot. Wir sind ein aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) und der Stadt Leipzig gefördertes Projekt im Rahmen des Programms „Nachhaltige soziale Stadtentwicklung“, das durch das Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung initiiert wurde. Ziel ist es, „benachteiligte“ Menschen aus dem definierten ESF-Fördergebiet 2014-20, sprich im Leipziger Westen, bei der Arbeits-und Ausbildungssuche zu unterstützen. Soweit der Förderhintergrund. Benachteiligung, das weißt Du ja, kann sich anhand diverser Faktoren äußern. Das ist die Herausforderung des jobpoint basic. Unser Angebot richtet sich grundsätzlich an jede und jeden, die oder der rund um das Thema „Arbeit und Ausbildung“ Hilfe braucht, ist kostenlos und nicht an Arbeitslosigkeit oder Leistungsbezug gebunden. Um es anschaulich zu machen: Ich sitze hinter dem Schaufenster im Stadtteilbüro, die Tür geht auf, jemand kommt herein, wir kommen ins Gespräch. Aus einem ersten, unverbindlichen Kontakt, entfaltet sich ein Prozess mit Beratung und Coaching. Immer angepasst auf die individuelle Situation, nie Standard. Ich agiere dabei bestärkend, dranbleibend, Orientierung gebend und wertungsvermeidend. Die eigenen Ziele der- oder desjenigen, der oder die zu uns kommt, bestimmen Intensität und Richtung.

Mareike Garbe in herbstlich. c/o Volly Tanner

Wertungsvermeidend? Was heißt das denn konkret? Darunter kann ich mir nicht wirklich etwas vorstellen.

Damit meine ich, dass jeder von uns Denkmuster im Kopf hat, mit denen er automatisch Menschen in bestimmte Schubladen einsortiert und kategorisiert. Indem ich mir derartig unfreiwillige Reaktionen bewusst mache, kann ich aktiv dagegen angehen. Menschen in ihren Bedürfnissen, Werten, Zielen und auch Träumen gelten zu lassen bringt Vertrauen und stärkt die Beratungsbeziehung …

Du selber hast Dich ja hier in Leipzig sesshaft gemacht, weil es gerade diese Arbeit war, die Dich interessierte. Wie war Dein Weg hierher?

Ich habe das Konzept für das Projekt in Reaktion auf die Öffentliche Ausschreibung entwickelt. Vom Schreibtisch in Hamburg aus dem theoretischen Elfenbeinturm heraus. Dort, in Hamburg, juckte es mir schon in den Fingern und es gab den Wunsch nach Veränderung. Ein Projekt nach meinen Vorstellungen – inhaltlich und ideell, aufzubauen und auszugestalten, reizte mich. Ich wollte den persönlichen Kontakt mit Menschen, diese Schritt für Schritt hin zur Erreichung persönlicher und beruflicher Ziele begleiten und so, wenn auch im kleinen Rahmen, etwas Gutes bewirken.

Dieses „Etwas Gutes bewirken“ – ich glaube, dies treibt viele Menschen am Anfang um – und dann fängt sie die Bürokratie und die scheinbar verfahrene Realität ein. Wie gehst Du mit Rückschläge um?

Wichtig ist die Fähigkeit, sich von menschlichen Schicksalen abzugrenzen. Hilfe kann nur dann funktionieren, wenn sich jemand auch tatsächlich helfen lassen will. Ich kann zur Seite stehen, Mut machen, bestärken, Ressourcen aktivieren usw. Menschen in die Selbstverantwortung zu bringen, entlastet mich und führt tendenziell eher dazu, dass erreichte Ziele – auch nach Ende der Teilnahme am Projekt – aufrechterhalten bleiben. Und: Klar, manchmal ist mein Akku leer. Dann lade ich ihn wieder auf.

Aber wie konkret? Wie gibt’s Du Deinem Akku wieder Treibstoff?

Tanzen, Musikhören, Gespräche mit Freunden und Familie, Spaziergänge – ich liebe die Farben und das Licht im Herbst! Lachen und Laufengehen. Oder: Gedichte zu schreiben, zu malen oder einfach mal den Sonntag in Jogginghose und Kapuzenjacke faul auf dem Sofa zu verbringen. Gern mit meinem Lieblingspralinen…

Danke für die Antworten, Mareike.

Jobpoint (basic) im Netz:

http://www.hilfe-auf-den-punkt.de/

http://www.leipziger-westen.de/jobpoint-basic-und-jobpoint/

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