Otto Dix war sicher ein cooler Typ! (Interview mit Jeans/ Drummer von VERBRANNTE ERDE & Rabia Sorda)

erschien schon im BLITZ THÜRINGEN:

Jens nennt alle Musikwelt Jeans. Schließlich trommelt der Thüringer bei so mancher Heldentruppe, hat ein Label und eine eigene Tanzformation. Die hört wiederum auf den Namen Verbrannte Erde und ist bestes Gedankengut:

BLITZ!: Deine Band Verbrannte Erde gibt es schön gefühlte 40 Jahre, seit Anfang der Punkrock-Ära. Dafür wiederum verschließt Ihr Euch ganz schön dem Produkteauswurf. Jahre vergehen zwischen den Alben. Jetzt aber gleich zwei unterschiedliche Rundlinge. Was ist denn mit Euch los?
Jeans: Stimmt, das hört sich erst mal komisch an – isses auch. Zum einen erscheint im nächsten Frühjahr unser viertes Album, welches noch keinen Titel hat aber bereits aufgenommen wurde. Und dann wird irgendwann im Laufe des Jahres noch eine Live-Scheibe mit dem Titel „Berga by Night Vol. 2“ erscheinen, die wir uns mit den M’Gladbachern SERENE FALL teilen werden. Ersteres ist ja der ganz normale Lauf der Dinge, wenn man Musik macht. Das es dieses Mal aber geschlagene acht Jahre gedauert hat, liegt wohl vor allem daran, dass wir mittlerweile sehr verstreut wohnen und uns somit eben nicht mehr, wie früher, jeden Sonntag treffen können. Und so vergeht dann eben schon mal ein halbes Jahr bis zur nächsten Probe und schwuppdiwupp sind eben ein paar Jahre vergangen. Und die andere Platte war eben auch schon länger geplant, nur wollten wir auch da nix über’s Knie brechen. Letztlich wird das aber eh so ’n Kultding mit ’ner Auflage von 175 Stück, nur auf Vinyl. Aufgenommen in ’nem kleinen thüringischen Nest, welches ganz nebenbei noch die Heimat unserer Gitarristen ist. Somit ist da der VÖ-Termin also auch eher nebensächlich.
by volly tanner
BLITZ!: Ihr werdet oft in einem Atemzug mit Fliehende Stürme oder EA80 genannt. Gab es schon die Ehrenbürgerwürde in Gera?
Jeans: Ich glaube außer uns vieren kennt in Gera keiner die von dir genannten Bands, ha ha. Außerdem ist es ja schmeichelhaft mit diesen Kapellen verglichen zu werden, aber was den „Erfolg“ angeht, liegen da doch Welten zwischen. Wobei die Frage zu beantworten für mich schon etwas Schizophrenes hat, jetzt wo ich auch bei den Stürmen trommle.

BLITZ!: Du selber hast ja auch noch Matatu-Records am Laufen und schlagzeugst meines Wissens auch bei den mexikanischen Electros Hocico. Was sagt Deine Freundin eigentlich dazu, dass Du so umtriebig in der Musikgeschichte herumtourneest?
Jeans: Erstmal muss ich dich korrigieren. Ich trommel für Erk’s (Hocico-Sänger; Anm. von mir selber) anderes Projekt namens Rabia Sorda. Aber klar, beschäftigt bin ich deswegen nicht minder. Und um auf deine eigentliche Frage zurückzukommen. Vielleicht ist das jetzt etwas egoistisch gedacht, aber anderer Mütter Söhne haben auch Jobs, die sie schwer in Beschlag nehmen (deren Töchter übrigens auch, ha ha). Von daher sehe ich das eher als was ganz Normales an. Außerdem hat’s ja auch Vorteile, gerade wenn man auf Festivals spielt zum Beispiel. Da kann man sich schon auch ein paar schöne Tage machen!

BLITZ!: Gera als Homebase. Gibt es neben Euch überhaupt noch Helden da? Nicht nur musikalisch. Kannst Du Dich für irgendwelche dortigen Kollegen erwärmen?
Jeans: Mmh, ich steck da nicht mehr wirklich drinne. Oftmals wirken Geraer Bands auf mich aber irgendwie überambitioniert. Solche gibt’s natürlich in anderen Städten auch. Aber für das was mich so interessieren würde, bedarf es eben einfach einer gewissen Subkultur, welche auch wirklich unabhängig von Kulturprogrammen usw. agieren kann. In der Richtung werden hier ja aber seit Jahren sämtliche Bemühungen, die es ja durchaus gibt, unterdrückt. Da muss man sich dann übrigens auch nicht wundern, warum sich rechte Dummköpfe da so wohl fühlen. Und was die Helden angeht, ich denke Otto Dix war sicher ’n cooler Typ, ganz im Ernst.

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Text & Foto: Volly Tanner

Und hier noch die zwei Bonusfragen, die im Print nicht veröffentlicht werden konnten:

Volly Tanner: Punkrock negiert ja eigentlich den Konsum. Trotzdem bietet ihr Eure Alben zu Kauf an. Fällt da jemand drauf herein oder zippen sich die ganzen Jungpunxxler sowieso alles for free?
Jeans: Ha, ha! Über Punkrock könnte ich ja jetzt stundenlang philosophieren, doch ich glaub das lassen wir mal lieber! Aber ich denke Malcom McLaren, z.B. hätte da sicher ganz andere Auffassungen zum Thema Konsum, hi hi. Du willst aber wahrscheinlich eh auf was anderes hinaus. Fakt ist: Musik machen kostet Geld. Proberäume kosten Geld, Instrumente kosten Geld, der Fahrt zum Gig usw. usw. Ich denke solange man die Preise fair gestaltet ist da nix verwerfliches dabei. Wir zwingen ja niemanden unseren Scheiß zu kaufen. Und an dieser ganzen Download-Geschichte ärgert mich vor allem, das seitdem die Eintrittspreise für Konzerte Dimensionen erreicht haben, die jenseits von Gut und Böse sind. Auch wenn das jetzt etwas pathetisch klingt, denke ich, dass da vor allem wieder die „wahren“ Fans drunter leiden, die sich in der Regel eh auch noch Tonträger etc. kaufen.

Volly Tanner: Es gibt da ja auch noch ein OI-Projekt. Erzähl mal!
Jeans: Das ist Geschichte. Irgendwann waren eben einfach alle Klischees erschöpft, ha ha.

Volly Tanner: Danke Jeans!
Jeans: Danke Volly!

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Eine Antwort zu Otto Dix war sicher ein cooler Typ! (Interview mit Jeans/ Drummer von VERBRANNTE ERDE & Rabia Sorda)

  1. Ja … – das ist doch mal ein schöner Beitrag zum Thema „Subkultur im WANDEL“
    ( und auch von einer aussagekräftigen Person + Band).
    Die uns wohl bekannte Band VERBRANNTE ERDE hat warlich einige schwere Zeiten überstanden, somit kann ich ein neues Album und somit frischen (alten) Wind, begrüßen.
    DiX (der Held unserer Stadt aus dem 20. Jahrhundert) ist nicht das einzige was geblieben ist …!?

    Mit pädagogischen Grüßen
    DER TOB (pedagogic torment)

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