Laudatio zu Steffi Bellmanns Ausstellung im Lindencafé zu Leipzig; Vernissage 08.02.2016.
Es sei in uns allen Menschlichkeit!
Guten Abend, liebe kunstinteressierte Menschen hier und heute an diesem angenehmen und charmanten Ort. Wir treffen gerade aufeinander, um die Bilder der in Koblenz lebenden, jedoch in Leipzig geborenen Malerin Steffi Bellmann kennenzulernen.
Die Zulu haben eine Weisheit, die über Künstler sagt, dass diese Gaukler seien, die mit einem Auge zu lachen und mit dem anderen Auge zu weinen vermögen. Gerade dies ist es, was Malerei vermag. Die ganz spezielle, individuelle Sicht auf die ganz persönliche Realität zu manifestieren, Farbschicht auf Farbschicht, mal heiter, mal in jugendlicher Selbstqual (aufgrund chemischer Veränderungen im Gehirn während der Adoleszenz) extrem depressiv, jedoch immer, wenn man sich darauf einlässt, einzigartig.
Von Steffi Bellman ist zu berichten, dass sie glücklicherweise nicht den Weg durch hiesige Grafik-und-Buchkunst-Hochschulen gehen musste und dabei in Selbsruinierung zerbrach, sondern, dass sie sich mit sonnenhellen, naturfreundlichen Menschen umgibt, die ihren Pinselstrich mitgestalten, allein durch ihr Dasein und ihre Sicht auf die Welt. Ganz weit voran die russischstämmige Malerin Julia Zinin, die ihr Selbstbild folgendermaßen formuliert und lebt: „Ich bin ein Bewohner des schönen Planeten Erde, so wie Du! Und gemeinsam rasen wir durch unglaubliche Weite… Wir sind alle gleich! Uns alle verbindet ein Wunsch: glücklich zu sein. Das, was wir meinen, dass es uns unterscheidet, ist nicht weiter wichtig.
Meine Aufmerksamkeit richtet sich auf die Natur, die die Manifestation des Lebens darstellt! Mit jedem Pinselstrich, mit jedem Bild erfasse ich einen winzigen, unwiderruflichen Moment von Milliarden, die das Leben uns anbietet…
Malerei auf Russisch heißt „Lebendig malen“. Gelingt es mir, so wird das Bild wahrhaft lebendig und ich kann einen Hauch des Lebens einfangen. Für mich ist Malerei ein Mittel Erkenntnis über das Leben zu erlangen und dies hört nie auf…“
Oder sie sieht zu Frida Kahlo, doch über diese Worte zu verlieren, hieße Eulen nach Athen zu tragen – und dies war schon in der Antike sinnlos, da die Athener auf den Rückseiten ihrer Zahlungsmittel genug Eulen hatten.
Steffi Bellmann malt, sie schaut sich um und sieht Farben, sie atmet Welt und erkennt Licht und Sauerstoff, sie spürt Hoffnung und bannt diese auf Leinwand, diese Hoffnung, die wir so schmerzlich vermissen in unserer dunklen Zeit in den Städten und Kriegen.
Und sie berührt uns gerade damit, mit Bildern, die Herzenskalte naiv nennen würden und Versteinerte im ersten Augenblick ablehnen. Doch da klingt etwas nach, ein Schimmer Erwachen und Sonne.
Doch bauen wir keine künstlichen Grenzen auf, dies machen schon so viele Unmündige oder Manipulierer; ja lassen wir den ganzen Sparten und Schubfächern ihre Berechtigung, DaDa, Expressionismus, Kubismus, Neue Leipziger Schule, etcpp. & blabla-ismus. Erfreuen wir uns am Verbindenden der Malerei, dem sanften Pinselkitzeln am Herzen, welches pumpt und lebt.
Und lassen wir Steffi Bellmann selber zu Wort kommen: „Mich reizt an einem Motiv die Herausforderung, es realistisch darzustellen. Dinge realistisch darstellen zu können, ist für mich wie eine Grundlage auf der ich aufbauen kann. Daraus können verschiedene Stile und Techniken entstehen. Ich möchte mein Sehen schulen.“
Und unser Sehen ebenfalls, mag man einfügen. Doch weiter mit Steffi Bellmann selbst: „Für meine Bilder eignet sich Ölfarbe am Besten, damit ich im Bild Raum schaffen und plastisch arbeiten kann. Mit Ölfarbe kann ich ein Motiv modellieren. Ich möchte die Natur mit ihrem Licht einfangen. Deswegen male ich am liebsten plein air (Freilichtmalerei). Dies ist für mich ein sehr spannender und aufregender Prozess, da sich in der Natur die Lichtverhältnisse schnell ändern und somit auch der Ausdruck des ganzen Bildes. Ich möchte mich jedoch nicht festlegen und probiere gerne andere Techniken aus und freue mich auf neue Impulse und Ideen, die noch in mir zu finden sein werden.“
So gibt sich Steffi Bellmann selbst die Chance der Veränderung und Entwicklung und reicht uns dabei die Hände. So zeigt sie auf, wie Menschsein wirklich ist, neugierig, offen und hellhörig und hellsichtig. Natürlich ist die Welt nicht nur eitel Sonnenschein – dass weiß Steffi Bellmann aus ihrer beruflichen Erfahrung als Berufsberaterin bei der Bundeswehrverwaltung nur zu Genüge – jedoch öffnet sie Türen mit ihrer Kunst, die im neoliberalen Gewinnmaximierungskrampf und geformt von der Religion des Jeder gegen Jeden schon festgerostet schienen.
Boris Pasternak, der große jüdische Schriftsteller, den Sie hier im Raum bestimmt alle kennen, schließlich ist er der geistige Vater Doktor Schiwagos, sagte einst: „Je größer die Zahl glücklicher Menschen ist, desto leichter wird es sein, ein Künstler zu werden.“ Womit er nicht das auf materiellen Besitz beruhende scheinbare Glück meinte, sondern das Glück nachdem er immer suchte, das Glück in der Natur, das Glück Mensch zu sein und Miteinander zu sein, leben zu dürfen, lieben zu dürfen, Licht und Wärme zu erfahren.
Heute und hier sind wir hier im Raum Teil eines einzigartigen Moments. Dies hier, an dem wir mitsein dürfen, ist die erste öffentliche Ausstellung mit Bildern von Steffi Bellmann. Atmen wir diesen Moment ein und erfreuen wir uns an seiner Einmaligkeit. Schauen wir uns die Bildern an und staunen wir, dass es sie gibt, dass es Steffi Bellmann auf diesen Weg verschlagen hat, der uns die Möglichkeit gibt, diesen Augenblick zu erleben.
Kunst ist immer Kommunikation und Kommunikation kann, wenn sie mißbraucht wird, zu finstersten Ansichten und menschenunwürdigsten Gedanken verleiten und Inhumane erzeugen – doch Kunst kann auch anders – und so lassen wir, ganz zum Schluss, noch etwas Kommunikation zu, indem wir Steffi Bellmann Gedanken formulieren lassen und diese aufbewahren, weil gute, menschliche Gedanken wichtig sind und vielleicht die Waagschalen der VErnunft wieder in Harmonie bringen: „Ich bin davon überzeugt“ – so sagt die Künstlerin in unserer Mitte: „… dass auch die kleinen Dinge im Leben von großer Bedeutung sind. Für mich heißt Kunst „Sehen lernen“ und „Dinge hinterfragen und verstehen“. Manchmal auch inne zu halten und Kraft zu tanken. Kunst kann immer etwas erreichen. Kreativität im Allgemeinen braucht jeder Mensch um Situationen zu meistern und kluge Entscheidungen zu treffen. Manche Kunst ist laut, provokativ, politisch, andere Kunst ist eher leise, erholsam, heilend…
Kunst hält jeden in Bewegung!“
Danke, Steffi & Dank Ihnen, die Sie mir bis hierher gefolgt sind.
Es sei in uns allen Menschlichkeit.
Volly Tanner (07.02.2016/ Leipzig)