erschien gerade in FRIZZ Das Magazin Okt/13:
Die ganz kleinen Veranstaltungen machen das Kulturerlebnis mittlerweile oft aus. So holt sich Volly Tanner auf Tanners Terrasse ja immer literarische Neutöner. Im Oktober hat er sein Jugendidol Mike Kilian, den Sänger von Rockhaus im Heim, im Helheim, zu Gast und schickte Ray Voltez (das Alter Ego des Tannermäns) in die Spur mit den Meister zu reden:
Guten Tag Mike Kilian. Sie werden während des „Leipziger Literarischer Herbst 13“ am 17.10. im HelHEIM zu Leipzig bei Tanners Terrasse auftreten. Als Auch-Texter sind Sie ja eben Auch-Literat. Wir hörten von der Idee „Bierdeckellesung“. Was soll das denn sein?
Da dies ja kein Konzert ist, sondern eine Talkrunde und die meisten Leute sich dann immer nicht trauen was zu fragen, habe ich die Idee von Inas Nacht aufgegriffen, die Fragen auf einen Bierdeckel zu schreiben, so kann man auch anonym bleiben und muss nicht verlegen werden, wenn seine Frage erscheint und ich habe auch die Möglichkeit, den Deckel einfach nicht zu beantworten und weiß dann auch nicht, wer jetzt auf mich sauer ist.
N8WACHE ist – wenn wir das Wagnerama-Album mitzählen – Ihre fünfte Soloveröffentlichung. Daneben gibt es aber auch die Rockhaus-Alben, Final Stap, eine Stones-Coverband etc. – Was leben Sie Solo aus? Ist neben den anderen Projekten noch so viel Kilian übrig, dass es immer wieder raus muss?
Ich mag die Abwechslung, so wird es nie langweilig. Wir (Rockhaus) machen ja immer nach einem Album Pause und jeder macht seine eigenen Projekte, was ich sehr gut finde, so bekommt jeder Abstand und man freut sich dann wieder auf die neue Zusammenarbeit. Und in der Zwischenzeit mache ich halt Starfucker/Final Stap oder mal wieder eine neue Solo-CD. Ich liebe es, in kleinen Clubs nur mit einer Gitarre und meiner „Band“, die auch nur aus einem Mann besteht, zu spielen. Fast „nackt“ sozusagen und ihnen meine kleinen Geschichten vorzuspielen und mich dann zu freuen, wenn sie ihnen gefallen und sie meine CD kaufen.
Mit Tobias Künzel haben Sie ja einen engen Compadre hier in Leipzig – aber auch mit Roy Meissner von der Theaterfabrik in Leipzig-Leutzsch verbindet Sie so Einiges. Ich hörte von Smirnoff zum Beispiel.
Tobias ist mein Freund und Kritiker, wenn es um meine Solo-Sachen geht. Wir haben immer sehr viel Spaß zusammen und nebenbei hat er dafür gesorgt, dass es Rockhaus heute wieder gibt. Aber das kann ich ja bei Volly erzählen. Roy mag ich, weil er jemand ist, der an was glaubt, etwas aufbaut, auch wenn es schwierig ist; Musikern eine Chance gibt zu spielen, obwohl er weiß, dass er eventuell an diesem Abend nichts verdient. Solche Leute braucht dieses Land, denn überall schließen Clubs, weil sie Steine in den Weg gelegt bekommen. Da ist unsere Liebe zum Wodka nur Nebensache.
Wenn ich jungen Menschen heute Ihr „Mich zu lieben …“ von 1988 vorspiele fragen diese oft ungläubig: Solch ein Text ging damals durch die Zensur? – Gings wirklich so einfach?
Ganz einfach genau so. Ich glaube, die Pappnasen haben gedacht, wenn sie die Zügel lockerer lassen, dann werden wir ruhiger
Mit Rockhaus scheint Ihr wieder in den Herzen der Menschen angekommen zu sein. Nach einer bestimmt ungemütlichen Durststrecke in den 90gern wieder bei Euren Freunden. Was haben Sie überhaupt gemacht, als Rockhaus schlummerte?
Wir haben die „Durststrecke“ kommen sehen. Die Leute haben plötzlich alles gehasst, was mit dem Osten zu tun hat. Aber wie es so ist, irgendwann hast du auch die andere Seite gesehen und erinnerst dich an dein erstes Date mit deiner Liebsten und im Radio läuft vielleicht gerade I.L.D. und du merkst, dass du vielleicht gar nicht auf Rockhaus sauer warst. Wir haben uns zurückgezogen und ich habe z. B. mit Beathoven in Kneipen gespielt und eine CD in San Francisco aufgenommen. Die kam zwar nie raus, aber stell dir vor…… Die ganze Geschichte gibts bei Volly.
Scholle hat ein Buch geschrieben, die Lütte auch – wann gibt’s das erste gebundene Werk von Ihnen? Schon Verlage da die Avancen machen?
Ich kenne die Bücher nicht von den Beiden, aber in jeder Talkshow sitzt irgendein Hansel, der unbedingt ein Buch schreiben muss, ob es die Welt nun will oder nicht und das meiste ist langweiliger Dreck. Ich kann sowieso nicht alles schreiben. Da gehe ich lieber zu Volly und erzähl ein bisschen aus dem Nähkästchen, ist vielleicht lustiger und amüsanter, da man ja trotzdem auf die Bierdeckel-Frage noch nachhaken kann, im Buch geht das nicht.
Tanners Terrasse EXTRA mit Mike Kilian; HelHEIM; 17.10.2013; 20:00 Uhr, Eintritt 3 Euro