erschien schon im FRIZZ Stadtmagazin 08/11:
Puh. Geschafft. Drei Abende entlang der Amateurtheater. Und alles, was sich darstellend im Leipziger Luftraum bewegt, bewegte sich im Juli ins Lofft. Hier hatte Jenny Creutzmann (boxt bei Atlas Leipzig, macht Krach im PsyCORE und hatte ihr FKJ im Theaterhaus am Lindenauer Markt) zu den Achten Amateurtheatertagen geladen. Fein wars. Ein Potpourri aus Jugendclubgeschichten, Spinnwerkereien und Experiment. Meist mit viel Herz und Können, manchmal auch einfach mit zu viel Wollen.
Unumstrittene Sieger des 2011er Jahrgangs waren David Ortmann (Regie) und Franz Werfel (Darsteller) – frisch benannt in „Die GartenKRIMInalisten“. Was Wunder, dass ihr dargereichtes Stück Krimi war – Krimi eigentlich für Kinder und trotzdem allwirksam über die Generationsgrenzen hinweg. Schweißtreibend, optimal in der Ausstattung und in jeglicher Hinsicht durchdacht und perfekt in der Mittelwahl umgesetzt wurde Werfel zu Wanze Muldoon im Stück „Die Wanze“ nach dem Kinderbuchklassiker von Paul Shipton, in einer Übersetzung von Andres Steinhöfel und Karin Epler und unter der Regie von David Ortmann. Pah, was für ein Informationsschlängelsatzungetüm.
„Wir haben uns – das hören die Verlage aber selten gern – natürlich auch an einigen Stellen textliche oder spielerische Freiheiten genommen, wie sie Theater auch braucht.“ erzählt Franz Werfel – den seine Eltern (der Vater ist Germanist) nach dem berühmten deutschböhmischen Expressionisten benannten. Und erläuternd fügt er hinzu: „Beispielsweise steht gleich zu Beginn des Textbuches die Empfehlung, das Stück mit viel (Film-)Musik auszustatten. Jeder, der unsere Aufführung gesehen hat, weiß, dass wir da einen ganz anderen Ansatz hatten: So benutze ich als „Wanze Muldoon“ ganz viele kleine, witzige Instrumente, um die verschiedenen Insekten, Actionsequenzen und so weiter zu untermalen.“ Und David Ortmann weiter: „Abgesehen von etwas Licht erzählen wir die Geschichte also ganz persönlich und handgemacht – und wir machen das nicht nur, weil wir das Stück auch direkt in Schulen und Klassenräumen zeigen wollen, sondern auch, weil das eine spannende Theaterform ist.“
Dazu hat wiederum Franz noch einiges aus seiner Vergangenheit beizusteuern: „Diese Theaterform habe ich während meiner Zeit im bolivianischen Straßentheater kennengelernt. Und irgendwie sind wir damit dann auch wieder bei den Anfängen und dem Kern von Theater, frei nach Ephraim Kishon, als der erste Höhlenmensch festgestellt hat, wie unterhaltsam es ist, wenn einer Faxen macht und der andere am Ende rhythmisch die Hände zusammen schlägt.“
Die beiden Freunde Ortmann und Werfel lernten sich während ihres Schüler-Seins in der Landesschule Pforta (Sprachenzweig) kennen. Für Ortmann ging es dann weiter über Nordharzer Städtebundtheater Halberstandt/Quedlinburg, Halberstädter Domfestspiele, Anhaltinisches Theater Dessau, Wittenberger Sommertheater, Staatskapelle Halle, IMPULS Festival, Fotografie, die Magazine „(W)ortwechsel weltweit, „Die Pforte“ und „Thema. Das theologische Magazin“ bis hin zur Mitteldeutschen Zeitung. Werfels Stationen waren Pforta, Bolivien, Publikumspreis für Schülertheater Anhalt, Krativpreise im Bundeswettbewerb Fremdsprachen, Staatskapelle Halle, Universität Leipzig (Evangelische Theologie und Philosophie), Zeitschriftenschreiben, Workshops in Halle Silberhöhe und vieles mehr ….
Gemeinsam brachten die Beiden auch ein Buch heraus: „theaterum ante portas“ über ihre Zeit in Schulpforta und ihre Theaterarbeit dort und Franz holt auch darüber äußerst sympathisch aus: „„Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze“, heißt es bei Schiller, und tatsächlich ist ja eine der großartigen Eigenschaften des Theaters, das es der wohl flüchtigste Stoff auf dieser Erde ist: Wenn sich der Schauspieler am Ende verbeugt, ist alles weg, es bleibt vielleicht die flüchtige und trügerische Erinnerung im Kopf des Zuschauers. Selbst wenn wir versuchen, mit Videoaufnahmen und Fotos diesen Stoff einzufangen – es sind nur Behelfsmittel, und die Einmaligkeit und Unmittelbarkeit des Spiels ist am Ende verloren.“
Und dies ist es auch, was die Amateurtheatertage so faszinierend machte, die Flüchtigkeit und Unmittelbarkeit, die unhaltbare Gemeinsamkeit im Spiel und Austausch. Und das Staunen über Werfels faszinierende Brillanz und Körperarbeit.
„Wir waren sehr gerne Gast,“ sagen die beiden ATT-Sieger 2011 unisono abschließend: „ – und das beginnt bei so kleinen Aufmerksamkeiten,wie wenn die Garderobe auf den eigenen Namen ausgewiesen ist; das ist bei Weitem keine Selbstverständlichkeit. Und bei der Dame aus dem Café bedanken wir uns für den Pikkolo, mit dem sie mit uns nach der Preisverleihung angestoßen hat…“
Volly Tanner (Text & Bild)
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